Just-in-Time-Beschaffung: Mit Lieferketten-Transparenz und Risikomanagement im Takt bleiben
Detailliertes Wissen über die eigene Lieferkette ist wichtiger als je zuvor
Unternehmen in Industrie und Handel streben nach maximaler Effizienz in Produktion und Lieferketten sowie minimalen Lagerbeständen. Hierfür ist die Beschaffungsstrategie Just-in-Time (JIT) für viele Unternehmen ein bewährtes Konzept gewesen. Doch welche Bedeutung hat Just-in-Time in der Beschaffungslogistik in einer Zeit, in der die Lieferketten zahlreichen globalen Ereignissen und Krisen ausgesetzt sind? Eins steht fest: Umfassende Kenntnisse über die eigene Lieferkette ist wichtiger als je zuvor, um auf äußere Einflüsse und Herausforderungen zu reagieren.
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Herausforderungen von Just-in-Time in der Beschaffungslogistik
Just-in-Time galt viele Jahre als ein äußerst erfolgreicher Weg zur verschwendungsfreien und kosteneffizienten Produktion. Doch die globalen Herausforderungen der vergangenen Jahre haben die Anwendungsrisiken deutlich aufgezeigt. Mit der Corona-Pandemie geriet das Liefer- und Handelsmodell erstmals im großen Stil ins Stocken. Fast 70 % der deutschen Industrieunternehmen gaben im August 2021 in der Konjunkturumfrage des Münchener Ifo-Institut an, dass sie von Engpässen und Problemen bei Vorlieferungen betroffen sind.
Die Aussicht auf eine Verbesserung zerschlug sich zunächst durch den Ausbruch des Krieges in der Ukraine im darauffolgenden Jahr. Für Industrie und Handel resultierten daraus weitere Unsicherheiten durch Rohstoffmangel sowie höhere Beschaffungspreise. Mittlerweile hat sich die Situation zumindest entspannt. 24 % der Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland haben nach der neuesten ifo Konjunkturumfrage aus September 2023 noch mit Liefer- und Materialengpässen zu kämpfen. 48,4 % waren es noch Anfang des Jahres 2023 (ifo Konjunkturumfrage Januar 2023).
Neben weltweiten Krisen und geopolitischen Entwicklungen spielen auch Ereignisse im Schiffsverkehr eine große Rolle für die Just-in-Time-Lieferung. So erschwerte die Sperrung des Suezkanals im Jahr 2021 nach der Havarie eines Superfrachters die weltweite Planung im Straßengüterverkehr. Aktuell strapaziert aufgrund historisch niedriger Pegelstände weiterhin ein Frachter-Stau am Panamakanal die Lieferketten.
Was all diese Geschehnisse gemeinsam haben? Die Unternehmen haben keinen Einfluss darauf – sie müssen reagieren statt agieren. Damit ist das Just-in-Time-Prinzip bei vielen Unternehmen nicht mehr unantastbar, denn die Herausforderungen erfordern eine Anpassung an die neuen Gegebenheiten.
Vorteile und Nachteile von Just-in-Time in der Beschaffungslogistik
Trotz aller Herausforderungen bleiben die Vorteile der Just-in-Time-Beschaffung erhalten, um den logistischen Aufwand zu verringern. Dazu zählen insbesondere:
- Eine Senkung der Lager- und Personalkosten, da im eigenen Unternehmen nur noch geringfügige Lagerflächen benötigt werden.
- Eine Reduzierung der Transportkosten aufgrund entfallender Zwischenlagerungen.
- Eine Steigerung der Produktivität, weil die Produktionszeit minimiert und Überproduktion vermieden wird.
- Eine Erhöhung der Liquidität, da die Just-in-Time-Anlieferung eine hohe Kapitalbindung durch Lagerkosten verhindert.
Auf der anderen Seite stehen die Nachteile der Just-in-Time-Beschaffung, die aufgrund der aktuellen Herausforderungen verstärkt in den Vordergrund rücken:
- Es besteht das Risiko von Engpässen in der Lieferkette, die den gesamten Produktionsprozess beeinträchtigen.
- Die Abhängigkeit von den Lieferanten ist hoch, da es keine oder kaum eigene Lagerbestände gibt – bei Ausfällen wird es schwierig, die Produktion aufrechtzuerhalten.
- Außergewöhnliche nicht zu beeinflussende Ereignisse wie Naturkatastrophen oder Unfälle bergen die Gefahr für einen Stillstand der Produktion.
Es lässt sich festhalten, dass Just-in-Time in der Beschaffungslogistik für erhebliche Kostenvorteile und Effizienzsteigerungen sorgen kann, jedoch gleichzeitig die Anfälligkeit für Lieferprobleme und Produktionsunterbrechungen nicht zu unterschätzen ist.
Beschaffungsstrategie Just-in-Time für die Zukunft ausrichten
Eine sorgfältige Planung der Transportprozesse und die Risikobewertung der Lieferkette ist daher von entscheidender Bedeutung, um die Vorteile der Beschaffungsstrategie Just-in-Time zu nutzen und die Nachteile zu minimieren sowie auf die Risiken im Notfall zu reagieren.
Supply Chain Risk Management für Just-in-Time ist in der heutigen Zeit wichtiger denn je. Im Kern des Risikomanagements geht es um die Anwendung von Technologien und Prozessen, um Risiken entlang der Lieferkette zu minimieren. Es ist das Ziel, die Kontinuität und Sicherheit der Lieferkette sicherzustellen. Wichtige Punkte sind daher für die Logistik in ungewissen Zeiten die Risikoanalyse, die Inventur, ein Plan B, die IT-Sicherheit und die Transparenz.
Dabei gibt es kein allgemeingültiges Erfolgsrezept. Jedes Unternehmen muss für sich selbst die Risiken einschätzen. Die Reaktionen können unterschiedlich sein, wie die ifo-Konjunkturbefragung aus dem vergangenen Sommer zeigt. Die Unternehmen reagierten mit verstärkter Lagerhaltung (68 %), Diversifikation in der Beschaffung (65 %), besserer Überwachung (54 %), der Umschichtung zwischen bestehenden Lieferverhältnissen (38 %) oder einer höheren Fertigungstiefe (13 %) – eine Mehrfachnennung war möglich.
Die Grundlage für eine fundierte Entscheidung besteht darin, die eigene Lieferkette genau zu kennen. Hilfreich ist dabei auch die Digitalisierung der Logistik und der Einsatz von Technologien, wie zum Beispiel der Live-Sendungsverfolgung. Vor allem Real Time Visibility ist aus der Logistik nicht mehr wegzudenken. Digital und datenbasiert schafft sie Transparenz und Überblick über die wichtigsten Informationen der Supply Chain. Dadurch können die Just-in-Time-Prozesse noch besser geplant und mithilfe des Risikomanagements bei auftretenden Problemen rechtzeitig Maßnahmen ergriffen werden.
Just-in-Time-Beschaffung modifizieren
Die Unternehmen stehen mit der Beschaffungsstrategie Just-in-Time Herausforderungen gegenüber, die sie nicht beeinflussen können. Deswegen ist nicht zwingen eine Abkehr von Just-in-Time notwendig, doch eine Modifizierung erforderlich. Die Abhängigkeit von globalen Lieferketten und unvorhersehbaren Ereignissen erfordert Voraussicht, eine flexiblere Herangehensweise und ein durchdachtes Risikomanagement. Besonders wichtig ist dafür ein detailliertes Wissen über die eigene Lieferkette.
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Benedikt Stasch
Marketing Campaign Manager