Ein Bier-Logistik-Spiel für bessere Manager
Bier-Spiel. Studenten. Eigentlich nichts Neues – oder?! Doch wenn man Logistik in den Mix einwirft, wird es sogar lehrreich. Und das ganz ohne Kater. Warum es für BWL-Studenten entscheidend ist, Logistik-Kompetenzen aufzubauen – und dies gerade so gut mit einem Bier-Planspiel funktioniert, erklärt Prof. Dr. Daniel Weber von der IU Internationalen Hochschule in Hamburg.
Interview mit Prof. Dr. Daniel Weber von der IU Internationalen Hochschule in Hamburg
Bier-Spiel. Studenten. Eigentlich nichts Neues – oder?! Doch wenn man Logistik in den Mix einwirft, wird es sogar lehrreich. Und das ganz ohne Kater. Warum es für BWL-Studenten entscheidend ist, Logistik-Kompetenzen aufzubauen – und dies gerade so gut mit einem Bier-Planspiel funktioniert, erklärt Prof. Dr. Daniel Weber von der IU Internationalen Hochschule in Hamburg.
Warum ist es wichtig BWL-Studenten Logistik Knowhow zu vermitteln?
Die Probleme in den globalen Lieferketten der letzten Jahre haben sehr deutlich gemacht, wie wichtig das Thema Logistik ist. Als Konsument spürt jeder die Konsequenzen durch Lieferschwierigkeiten bestimmter Produkte oder steigende Preise. Im dualen Studium erleben meine Studierenden dies im Speziellen auch aus betrieblicher Perspektive. Wenn beispielsweise ihrem Praxispartner wichtige Rohstoffe in der Produktion fehlen.
Wie funktioniert das „Bierspiel“ – und wie bringt man damit Studenten Logistik bei?
Das „Bierspiel“ oder „Beer Distribution Game“ ist eine Managementsimulation, die in den 1960ern am Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelt wurde. Die Studierenden schlüpfen dabei in die Rollen von Einzelhändler, Großhändler, Vertriebszentrum sowie Brauerei. Das Ziel ist es, möglichst kostengünstig Bierkästen von der Brauerei zum Kunden zu bringen. Sie müssen sich dabei mit typischen Problemen in der Logistik auseinandersetzen wie schwankender Nachfrage, Verzögerung zwischen Bestellung und Lieferung sowie unterschiedlichen Informationsständen bei den Vertragspartnern.
Was genau lernt man durch ein solches Planspiel?
Studierende erleben hautnah durch das Planspiel, wie wichtig neben dem Fluss der physischen Ware auch der Fluss von Informationen zwischen den Funktionen einer Logistikkette sind. Zudem entstehen wertvolle Diskussionen über die Rolle der Logistik im Wettbewerb. Die Studierenden erleben, wie durch Lagerhaltung, lange Zahlungsziele oder offene Rechnungen und unzufriedene Kunden die Kosten explodieren. Oftmals kommt es zum Peitscheneffekt, dem sogenannten Bullwhip-Effekt, weil Nachfragesignale falsch interpretiert werden. Durch Auftragsbündelungen und Engpass-Poker schaukeln sich hier sich die Nachfragemengen in der Logistikkette auf. Es reift die Erkenntnis, dass nicht nur einzelne Unternehmen, sondern komplette Logistikketten miteinander im Wettbewerb stehen. Auch wird die Frage, wie langfristig man sich vertraglich oder gar technisch an Lieferanten bindet wird nach dem Bierspiel oftmals anders beantwortet als vorher.
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Wo stößt ein Planspiel an seine Grenzen?
Damit ein Planspiel durchführbar bleibt, gibt es einige Annahmen und Beschränkungen: Die simulierte Logistikkette ist ein lineares System mit fixen Teilnehmern, d. h. die Brauerei kann sich im Planspiel nicht einfach einen neuen Großhändler als Abnehmer suchen, was in der Realität natürlich möglich wäre. Der Einfluss externer Unternehmen und Umweltfaktoren wird ebenso ignoriert wie mögliche Kapazitätsbeschränkungen beispielsweise durch Fahrer- oder Laderaummangel. Eine Kritik, die öfter geäußert wird, ist dass die Verzögerungen und Einschränkungen im Informationsfluss in Zeiten von „Logistik 4.0" nicht mehr vorkommen. Und tatsächlich können Technologien wie vernetzte ERP-Systeme, Real-Time-Visibility, Schnittstellen zu Transportmanagementsystemen, smarte Lager, autonome LKW, sowie allgemein besser digitalisierte und dokumentierte Transportprozessen einen deutlich besseren Informationsfluss ermöglichen – und auch Probleme wie den Bullwhip-Effekt lindern. Im Planspiel berücksichtige ich dies, indem ich zwei Logistikketten gegeneinander antreten lasse: eine, die unbegrenzt miteinander kommunizieren darf und eine, die nur über Bestellungen miteinander kommuniziert. Erstaunlicherweise führte die Möglichkeit von Absprachen innerhalb der Logistikkette oftmals zu mehr Chaos und Überforderung. Bessere Ergebnisse wurden durch mehr Kommunikation nur erzielt, wenn sich vorab auf ein klares System zur Weitergabe von Informationen geeinigt wurde. Oder wenn innerhalb der Gruppe jemand die Aufgabe übernommen hat, auf Basis der nun transparenten Bestellungen, Handlungsempfehlungen für die einzelnen Logistikpartner abzuleiten.
Fazit
Trotz der genannten Herausforderungen kann ich jedem Lehrenden nur wärmstens empfehlen, es mal auszuprobieren und das Bierspiel oder ähnliche Planspiele in den Unterricht einzubinden. Selbst wenn es viel Zeit und Vorbereitung kostet, beim ersten Mal nicht alles funktioniert – oder unvorhergesehene Ergebnisse auftreten. Meiner Erfahrung nach eröffnet sich den Studierenden ein viel tieferes Verständnis für die Bedeutung von Logistik als zentralen und oftmals unterschätzten Wettbewerbsfaktor.
Das Spiel zeigt zudem sehr deutlich, wie wichtig Informationsfluss, Vernetzung und Transparenz für die Logistik sind und warum sich Investitionen in digitale Lösungen, die hier ansetzen und Prozesse optimieren, schnell rentieren können.
Zum Interviewpartner
Prof. Dr. Daniel Weber ist Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre am Campus Hamburg der IU Internationale Hochschule. Wissenschaftlich beschäftigt er sich vor allem mit Innovationen, Nischenmärkten und aus seiner Sicht interessanten Marktmechanismen.
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Senior Marketing Communications Manager