Frachtenbörse mit Braille-Zeile
Wie ein Disponent trotz Sehbehinderung Barrieren überwindet
Als Alfons und Hilda Kern 1956 den Grundstein für den heutigen Fuhrbetrieb und Baustoffhandel legten, hätten Sie es sich wahrscheinlich nicht träumen lassen, dass das Unternehmen fast 60 Jahre später auch weiterhin in fester Familienhand ist. Denn heutzutage steigt nicht nur ihr Sohn immer noch gerne in die Fahrerkabine, auch der Enkel ist neuerdings als Disponent fest in den Familienbetrieb eingebunden. Schließlich hat Ronny Kern nicht nur das das richtige Gespür und Verhandlungsgeschick geerbt, sondern auch jede Menge Know-how mitbekommen. Seine wichtigsten Arbeitswerkzeuge sind Telefon, Computer und die Frachtenbörse von TimoCom. Das Besondere: Statt einer handelsüblichen Tastatur ist bei Ronny eine Braille-Zeile an den Computer angeschlossen, mit deren Hilfe die Bildschirminhalte in Blindenschrift ausgegeben werden.
Frachteinkauf mit Fingerspitzengefühl
Mit acht eigenen LKW bedient die Kern GmbH & Co. KG hauptsächlich den innerdeutschen Fernverkehr und transportiert Ladungen wie Dachziegel, Schüttgut oder Maschinenbauteile. Das Familienunternehmen ist sehr gut vernetzt, doch das reicht heutzutage nicht mehr aus, findet Ronny Kern: „Früher hat man eine Tour gehabt und ist leer zurückgefahren, heute kann sich das keiner leisten. Manchmal werden bei uns sogar drei oder vier LKW gleichzeitig leer. Für solche Fälle gibt’s dann die Frachtenbörse von TimoCom. Da findet man kurzfristig immer eine Rückladung.“ Dank einer speziellen Software und einer Braille-Zeile kann Ronny trotz eines Sehvermögens von nur 1% größtenteils reibungslos am Computer arbeiten. So werden die visuellen Bildschirminhalte mittels eines Screenreaders in akustische Signale umgesetzt und quasi „vorgelesen“. Zusätzlich ist an die USB-Schnittstelle des PCs eine spezielle Braille-Tastatur (benannt nach dem frz. Erfinder Louis Braille) angeschlossen, die Texte in einer per Tastsinn erfühlbaren Brailleschrift wiedergibt. „Alles, was man über Tastatur ansteuern kann, klappt wunderbar. Wenn beispielsweise bestimmte Befehle nicht per Tastatur ausgeführt werden können, sondern nur per Mausklick, unterstützt mich einfach ein Kollege.“
Vor seiner Tätigkeit als Disponent hat Ronny Kern bereits mehrere Jahre für die renommierte Weinvilla Stuttgart gearbeitet. Als dann im Familienbetrieb ein weiterer Mitarbeiter gebraucht wurde, kehrte der ausgebildete Kaufmann nach Buchen-Hettingen zurück: „Ich habe das als Chance gesehen. Meine ganze Familie lebt und liebt das Transportgeschäft. Mein Vater fährt heute noch immer gerne viel selbst. Auch mein Bruder ist in einem großen Logistikunternehmen tätig. Der Bezug und der Draht zur Branche waren schon immer da. Ansonsten macht mir das „Zwischenmenschliche“ im Job Spaß. Ich versuche immer positiv rüberzukommen.“
Feedback bei TimoCom angekommen
Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es in Deutschland über 150.000 blinde und über 500.000 sehbehinderte Menschen, denen durch moderne IT-Technik immer mehr Möglichkeiten geboten werden. „Gerade in Deutschland wird schon viel gemacht, aber da gibt es noch viel mehr, was man tun kann. Mehr Öffentlichkeit, mehr Barrierefreiheit“, betont Kern. Im Hause TimoCom hat man sein Feedback schon in die Planung des nächsten Programm-Updates aufgenommen. „Wir versuchen generell ständig unsere Oberflächen in Form, Farbe und Bedienung zu optimieren. Im nächsten Schritt werden alle Nutzer, also auch Herr Kern, mit der „Tab-Taste“ durch alle „Felder“ springen können – somit auch durch die Bereiche, die sonst nur per Maus erreichbar waren. Das bringt sicherlich schon eine Verbesserung mit sich“, so Unternehmenssprecher der TimoCom, Marcel Frings.