Logistikwissen 18.10.2018
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Sachverständigen-Interview: 5 Regeln und Tipps zur LKW-Ladungssicherung

Wer ist für Ladungssicherung verantwortlich - Frachtführer oder Auftraggeber?

LKW-Ladefläche, auf der eine Gitterbox durch senkrecht stehende Paletten und Zurrgurte sowie Kartons auf einer Palette durch Spa

70 Prozent der LKW auf Deutschlands Straßen sind laut Gesamtverband Deutscher Versicherer nicht richtig oder unzureichend gesichert. Dabei ist die korrekte Sicherung des Transportes Pflicht. Doch wer ist am Ende dafür verantwortlich: Spediteur, Fahrer oder Verlader? Und worauf kommt es bei Ladungssicherung eigentlich an? Wertvolle Tipps liefert Alfred Lampen, Sachverständiger, Trainer und Autor zum Thema Ladungssicherung in der Logistikbranche. 

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Tipps zur Ladungssicherung 

TIMOCOM: Könnten Sie uns so etwas wie 5 Grundregeln für Ladungssicherung nennen, die man beachten sollte?

Alfred Lampen:

  1. Die Lücke nach vorne im LKW sollte durch eine Stirnwand oder eine Kopfschlinge und Paletten blockiert werden - und indem man die Reibung durch Antirutsch-Matten erhöht.
  2. Bei einer Ladung, die umfallen kann, z. B. bei stehenden Papierrollen, muss eine Antikipp-Sicherung eingebaut werden. Das Kippen kann mit Kantengleitern und speziellen Zurrmitteln verhindert werden.
  3. Für eine Ladung, die nicht festgezurrt werden kann wie Getränke in Tetra Paks, ist ein stabiles Fahrzeug erforderlich – mit einem Zertifikat für Aufbaustabilität. Wenn dies nicht vorhanden ist, muss die Ladung abgelehnt werden.
  4. Die Ladefläche sollte besenrein sein. Das wird am Beispiel Granulat-Ladung deutlich: Der Sack wird beschädigt, das Granulat fällt raus und die nächste Ladung kommt da drauf. Dann steht das Ganze quasi auf einem Kugellager. Das heißt: Regelmäßig mal abfegen.
  5. Ein weiterer Punkt ist die Kommunikation zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer: Wenn der Spediteur weiß, was er für Sicherungsmittel mitbringen muss, kann er sich auch darauf einstellen. Das kann in erster Linie der Verlader anweisen.

Rechtliche Hinweise zu Verantwortlichkeiten bei Ladungssicherung für Frachtführer und Auftraggeber

TIMOCOM: Worum geht es grundsätzlich bei Ladungssicherung?

Alfred Lampen: Es geht in erster Linie darum, dass die Ware auf dem Fahrzeug bleibt, dass niemand verletzt wird und die Ware nicht beschädigt wird.

TIMOCOM: Jeder fünfte Unfall im LKW-Verkehr ist gemäß GDV ein „Unfall durch verlorene Ladung“. Jährlich entstehen ca. 1600 schwere Unfälle auf deutschen Straßen und Kosten in dreistelliger Millionenhöhe. Was kann man gegen unzureichende Ladungssicherung tun?

Alfred Lampen: Der Verlader spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Nehmen wir an, der Fahrer kommt zur Beladestelle und hat für eine bestimmte Fracht ein unpassendes Fahrzeug, das Fahrzeug ist kaputt oder er hat keine Zurrgurte mit. Dennoch wird die Ware verladen und kommt beschädigt beim Kunden an. Der Kunde beschwert sich, das ist schlecht fürs Geschäft und sicher auch nicht im Interesse des Verladers. Katastrophal wird es, wenn dabei Menschenleben gefährdet werden. Beispielsweise bei ungesicherten Papierrollen. Eine einzige Rolle wiegt mehrere Tonnen. Bei einer Vollbremsung kann die Rolle oder auch jede andere Ware durch die Fliehkraft außer Kontrolle geraten. Die Ware gerät auf die Straße oder wird nach vorne katapultiert. Die Folgen sind fatal. Es hätte hier eine Verlader-Anweisung gebraucht, in der steht, dass man bspw. Antirutschmatten braucht und Gurte, um die Ladung auf bestimmte Art und Weise zu sichern. Das müsste dann zuvor vom Spediteur oder vom Auftragnehmer gewährleistet werden, sonst erhält er den Auftrag nicht.

 

TIMOCOM: Gibt es konkrete Anweisungen? Und wenn ja, wer überprüft deren Einhaltung?

Alfred Lampen: Viele Verlader oder Kunden aus Produktion und Handel haben ihre Verantwortung noch nicht vollständig erkannt, weil sie nicht über die nötigen Informationen verfügen. Andere wiederum setzen das bereits nahezu perfekt um: Die chemische Industrie ist da streng. Hier gibt es ganz genaue Vorgaben, die abgearbeitet werden müssen, bevor der LKW losfahren kann.

TIMOCOM: Woher erhalte ich die Informationen zur korrekten Ladungssicherung?

Alfred Lampen: Die Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation (BG Verkehr) und der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V. stellt entsprechende Broschüren zur Verfügung. Über die Transport- und Logistik-Verbände kann man sich ebenfalls informieren.

Der Fahrer sollte verstehen, dass vor allem zunächst er selbst gefährdet ist, weil sich die Ladung direkt hinter ihm befindet. Bei einer Vollbremsung fliegt die Ladung nach vorne. Dann ist der Fahrer der erste, der diese abbekommt. Aber natürlich gefährdet er im nächsten Schritt auch andere damit, wenn ungesicherte Ladung auf die Straße oder auf andere Fahrzeuge fällt oder geschleudert wird. Wenn das klar wird, wird der Fahrer auch mehr Wert darauf legen, die Ladung ordentlich zu sichern. Eine Lücke nach vorne sollte immer abgesichert werden. Diese Informationen sollten zwingend in den Schulungen vermittelt werden.

TIMOCOM: Gibt es Beispiele für eine falsche Verpackung, die Probleme mit Ladungssicherung verursacht?

Alfred Lampen: Ware, die auf Paletten befestigt ist, die die Palette aber nicht ausfüllt. Wenn Kartonagen mit Wickelfolie zu locker befestigt sind. Oder wenn nur die Paletten, nicht aber die darauf befindlichen Packstücke nah an einander stehen, es zu einer Vollbremsung kommt und sich die Ladung zusammenschiebt. Kunststoffkanister können auf diese Weise so deformiert werden, dass der Verschluss durch den Druck abspringt und die Flüssigkeit z. B. Gefahrgut ausläuft.

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Zur Person:
Alfred Lampen ist Autor des Fachbuches „Ladungssicherung, Leitfaden für die Praxis” sowie einer Vielzahl von Informationsbroschüren, Schulungsunterlagen und Fachartikeln. Seit 2000 ist er vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) zertifizierter Moderator für Ladungssicherung und Ausbilder für Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen gemäß VDI-Richtlinie 2700 Blatt 1.

Als Sachkundiger für Zurrmittel und freier Sachverständiger für Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen ist Alfred Lampen auch an der Ausarbeitung von VDI-Richtlinien beteiligt. Seit 2001 ist er zudem im Arbeitskreis „Ladungssicherung auf dem Nutzfahrzeug” beim Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V. tätig. Seine Expertise hat auch seine Tätigkeit als Polizeihauptkommissar bei der Autobahnpolizei Oldenburg (1985-2017) geprägt.


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