Transportmarkt 14.07.2022
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Trotz Krise und Fahrermangel erfolgreich als Transportunternehmen

Tipps und exklusive Einblicke in die Führung eines Logistikdienstleisters

Marian Kempa, Vorstandsvorsitzender bei VISLINE

Viele Transportunternehmer blicken mit Sorge in die Zukunft. Kein Wunder: Vor ein paar Jahren hat niemand damit gerechnet, sich im Jahr 2022 mitten in einer Pandemie und einem Krieg in Europa zu befinden. Hinzu kommen Allzeit-Probleme wie Fachkräfte– und LKW-Fahrermangel, das neue Mobilitätspaket oder Steuer- und Klimaregelungen. Wie führt man also heutzutage ein erfolgreiches Logistikunternehmen? Welche persönlichen Erfahrungen Marian Kempa, Geschäftsführer des etablierten Transport- und Logistikunternehmens Visline, hiermit gemacht hat und welche Erfolgstipps er weitergeben würde, lesen Sie im Interview nach.

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Grundsätze einer guten Unternehmensführung


TIMOCOM: Visline besteht bereits seit 13 Jahren auf dem Markt. Worauf kommt es Ihrer Meinung nach bei der Führung einer Transport- und Speditionsfirma am meisten an?

Marian Kempa: An erster Stelle stehen die Menschen. Heutzutage ist es leichter an ein seltenes Auto zu kommen als an Fachkräfte. Zumal die Konkurrenz nicht schläft: Abwerbungsversuche sind in unserer Branche keine Seltenheit. Gute Fachkräfte an die Firma zu binden, ist enorm schwierig. Deshalb setzen wir alles daran, für unsere Mitarbeiter wie eine zweite Familie zu sein und ihnen überdurchschnittlich gute Arbeitsbedingungen zu bieten.

Transparenz und eine zuverlässige Kommunikation sind ebenfalls von großer Bedeutung. Waren müssen heutzutage oft just in time ankommen – und wir tun alles, um pünktlich zu liefern. Gerät aber der Zeitplan z. B. durch Stau oder Pannen durcheinander, muss in jedem Fall der Kunde informiert werden, wo sich die Ware befindet, damit kein Dominoeffekt in der nachfolgenden Lieferkette entsteht. Werden Informationen nicht weitergeleitet, verlieren wir unseren guten Ruf beim Kunden, und dieser bei seinem Abnehmer.

Großkunden als Stammkunden für sich gewinnen


TIMOCOM: Als Kundenreferenzen sind auf Ihrer Website Namen wie z. B. Unilever, Procter & Gamble oder Volkswagen gelistet. Wie gelingt es Ihnen, solche Großkunden zu gewinnen und zu halten?

Marian Kempa: Nur mit schönen Worten lässt sich kein Kunde gewinnen, und schon gar nicht als Stammkunde. Man muss sich mit seinen Erwartungen auseinandersetzen und diese anschließend erfüllen. Dass uns das mittlerweile gelingt, verdanken wir unserer Erfahrung, einer gewissen Hartnäckigkeit und unserer Firmenphilosophie. Vor allem aber verdanken wir das unserer Servicequalität, die für viele Kunden wichtiger ist als nur der Preis. Dazu gehören Pünktlichkeit und ein zuverlässiger Informationsfluss. Aber bereits der erste Eindruck, wenn ein neues, aufwendig ausgestattetes Fahrzeug mit einem LKW-Fahrer in Firmenkleidung vorfährt, spielen beim Aufbau von Geschäftsbeziehungen eine Rolle. Es trägt zu einem einheitlichen und professionellen Bild bei. Die Zusammenarbeit mit den Big Playern begann auf dem Spotmarkt. Die Kunden konnten sich nach und nach überzeugen, dass wir zuverlässig arbeiten. Oft wurde nach ein, zwei Jahren aus solchen gelegentlichen Transportaufträgen eine dauerhafte Zusammenarbeit. In der Zwischenzeit hat sich unser Name herumgesprochen, was langfristige Geschäftskontakte erleichtert hat. Die bekannten Namen in unserem Kundenstamm haben uns schließlich die Türen für weitere Aufträge bei anderen großen Unternehmen geöffnet.

Einfluss von Länder-Klischees auf den Auftragsstatus


TIMOCOM: Seit 10 Jahren betreiben Sie neben Ihrer polnischen Zentrale eine Niederlassung in Hamburg. Unterscheiden sich der deutsche und der polnische Markt sehr voneinander? Wo kommt man eher an profitable Transportaufträge heran?

Marian Kempa: Der deutsche Markt ist genauso schwierig wie der polnische - oder wie andere europäische Märkte insgesamt. Überall muss man die eigene Marke erst einmal aufbauen und um Kunden kämpfen. Allerdings spürt man Unterschiede in Bezug auf die vorherrschenden Klischees. Wenn wir ein Frachtangebot in der Frachtenbörse einstellen, sehen wir, dass die Nutzer größeres Vertrauen in unsere deutsche Filiale haben als in unsere polnische. Generell wird die polnische Spedition von Kopf bis Fuß geprüft. Es wird eine möglichst kurze Zahlungsfrist verhandelt – selbst, wenn eine Firma überall sehr gute Bewertungen vorweist. Dass deutsche Firmen generell seriöser sind, ist ein eingefahrenes Bild.

Entwicklung der Transportpreise – und wie man damit umgeht


TIMOCOM: Überall hört man von steigenden Kosten für die Unternehmen, was auch höhere Transportpreise nach sich zieht. Was erwartet uns hier?

Marian Kempa: Zahlen lügen nicht. Die steigenden Kosten sind eine Herausforderung, der wir uns stellen wollen und müssen. Teilweise verringern wir dafür unsere Margen. Um jedoch profitabel zu bleiben, müssen wir einen Teil der Kosten auf die Abnehmer umlegen. Die meisten haben dafür Verständnis, besonders angesichts der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Die Kunden bezahlen lieber mehr, wenn sie dafür die Gewissheit haben, dass die Ware pünktlich und vollständig ankommt.

Auf längere Sicht muss der Markt höhere Transportgebühren akzeptieren, was im Übrigen nicht nur an gestiegenen Kosten liegt, sondern auch am Mobilitätspaket und anderen neuen geltenden Rechtsvorschriften.

Zukunft der Transportbranche – und wie man sich als Unternehmen halten kann


TIMOCOM: Die Zukunft der Transportbranche wird nicht nur durch die Digitalisierung und höhere Preise geprägt. Worauf müssen wir uns noch einstellen?

Marian Kempa: Die Änderungen auf dem Markt lassen sich nicht vollständig voraussagen, insofern muss man genau hinschauen. Sicherlich wird sich der Fachkräftemangel zuspitzen. Deshalb sollten Arbeitgeber ein offenes Ohr für die Bedürfnisse der jüngeren Generation auf dem Arbeitsmarkt haben und optimale Bedingungen schaffen. Nicht nur finanziell und von der Büroausstattung her, sondern auch mit modernen digitalen Hilfsmitteln, die den Berufsalltag erleichtern.

Ein wichtiges Thema bleibt das Fuhrparkmanagement bzw. Ausbau oder Modernisierung des Fuhrparks. Die Wartezeit für Zugmaschinen beträgt aktuell ca. ein Jahr. Die Automobilbranche steckt in einer gewaltigen Krise, die sicher noch eine Weile andauern wird.

Wahrscheinlich steht vielen Firmen – auch Visline – eine Änderung des Geschäftsmodells bevor. Unsere Kernkompetenz ist Expressdienste, die wir derzeit noch erbringen können. Aufgrund einer neuen Verordnung sind wir ab 2026 zum Einbau von Fahrtenschreibern verpflichtet, wodurch Expressleistungen keine „Eillieferung“ mehr im heutigen Sinne sein werden. Deshalb beobachten wir den Markt sehr genau und bauen stetig die Beförderung mit Fahrzeugen mit höherer Tonnage aus. Nicht ausgeschlossen sind auch Investition in Kleintransporter, also 2,5-Tonner. Vielleicht lohnt sich für uns eines Tages der Transport einer einzigen 400–500kg schweren Palette.

TIMOCOM: Was ist also Ihr Erfolgsrezept?

Marian Kempa: Wir verzeichnen stetig wachsende Umsätze, und dadurch können wir mehr Personal einstellen und immer mehr Fahrzeuge anschaffen. Das Unternehmen wächst „step by step“, und versucht wo es geht, Fehler zu vermeiden. Genau das macht unseren Erfolg aus. Firmen, die mit der Brechstange expandieren wollen, mit einem Schlag 50 bis 60 Fahrzeuge kaufen, gehen oft bald darauf in Konkurs. Das wollen wir uns ersparen.

Solange es uns möglich ist, teilen wir unseren Erfolg mit anderen und unterstützen u. a. einen Sportverein und ein örtliches Kinderheim. Schließlich sind junge Menschen die Zukunft – nicht nur in der Transportbranche.

 

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