LKW-Fahrverbote in Deutschland: Altbacken oder noch zeitgemäß?
Meinungsbeitrag von Andreas Rinnhofer
Die Abschaffung der LKW-Fahrverbote an Feiertagen, die nicht bundeseinheitlich sind, wird seit Jahren diskutiert. Zuletzt versuchte Schleswig-Holstein eine Initiative zur Änderung in den Bundesrat zu bringen, was allerdings scheiterte. Doch die Bestimmungen bleiben schwierig und erschweren den Transportverkehr deutlich.
Einheitliches Agieren ist wichtig für ein gutes Ergebnis. Es wirkt sich sogar maßgeblich auf das Endergebnis aus. Dies wird gerade jetzt in Zeiten einer Pandemie besonders deutlich. Außerdem stehen die Zeichen auf Standardisierung und Vereinheitlichung. Warum also nicht auch bei LKW-Fahrverboten endlich auf einheitliche Bestimmungen setzen?
Inhalt:
Die Problematik
Feiertag ist nicht gleich Feiertag; hier sind die Regelungen von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Dabei gilt das LKW-Fahrverbot an Feiertagen bundesweit. Die unterschiedlichen Feiertagsregelungen führen allerdings zu großen Herausforderungen für den Transport, die viele Instanzen betreffen und vor allem die Logistik stark beeinflussen.
Die Gesetzeslage sieht derzeit vor, dass LKW vor den Grenzen der Bundesländer pausieren müssen, in denen ein Feiertag ist. Dadurch werden vor allem die Rastplätze in diesen Regionen stark beansprucht. Dies führt sowohl zu Unannehmlichkeiten für die LKW-Fahrer als auch regelmäßig zu Sicherheitsrisiken an Auf- und Abfahrten der Rastplätze.
Darüber hinaus ergeben sich Schwierigkeiten in den Bereichen:
Logistik
Bei der Streckenplanung müssen alle Feiertage berücksichtigt werden. Die Konsequenz: Weite Umwege müssen in Kauf genommen werden. Dies hat Auswirkungen auf die Lieferzeit und macht sich auch bei der Emission bemerkbar.
Sondergenehmigungen
Kühllastwagen oder Lebensmitteltransporte benötigen Sondergenehmigungen. Diese sind mit einem großen bürokratischen Aufwand verbunden, den nicht nur die Logistikverbände, sondern auch die zuständigen Behörden in den betroffenen Bundesländern abzuleisten haben. Der Zeitaufwand ist für viele Beteiligte enorm.
Lieferzeit
Nicht zu vergessen sind die Fahrer der LKW. Wartezeiten führen zu verlängerten Lieferzeiten. Für die Fahrer bedeutet dies auch längere Routen und Zeiten fern von der Heimat. Der Faktor Mensch ist eine weitere Komponente, die bei dieser Diskussion zu berücksichtigen ist.
Die Abschaffung des LKW-Fahrverbots an nicht-bundeseinheitlichen Feiertagen würde somit viele Vorteile für alle Beteiligten mit sich bringen.
Die Vorteile
Aus den Schwierigkeiten, die aus den uneinheitlich geregelten Fahrverboten für LKW resultieren, ergeben sich umso mehr Argumente für die Abschaffung der Fahrverbote. Die Vorteile liegen auf der Hand:
Entlastung
Die Sondergenehmigungen an nicht-bundeseinheitlichen Feiertagen fallen weg. Dies führt zu einer großen bürokratischen Entlastung, nicht nur für die Logistikfirmen, sondern vor allem für die zuständigen Behörden. Der Aufwand und die Prüfung der Sondergenehmigungen sind mit viel Arbeit und somit auch mit Kosten für das Bundesland verbunden. Hier profitieren die Unternehmen, aber vor allem auch die Kassen der Bundesländer.
Emissions- und Kostenersparnis
Fallen die Fahrverbote an den uneinheitlichen Feiertagen weg, lässt sich die Logistik einfacher planen. Emissionen können deutlich gesenkt werden, da nun für die Einhaltung von Lieferterminen keine Umfahrungen mehr nötig sind. Auch die Kosten für den Transport können sowohl im Hinblick auf zeitliche wie auch finanzielle Gesichtspunkte gesenkt werden.
Effizienzsteigerung
Die Lieferzeiten können besser eingehalten werden, was sich wiederum positiv auf die Wirtschaftlichkeit hierzulande auswirkt. Es entstehen keine zusätzlichen Kosten, die auf den Verbraucher, den Handel, die Industrie oder die Unternehmen zurückfallen.
Pausenzeiten
Die LKW-Fahrer können ihre Pausenzeiten ohne unnötige Unterbrechungen einhalten und stehen so schneller wieder für andere Fahrten zur Verfügung. Ein nicht zu vernachlässigender Nebeneffekt: Sie haben mehr Zeit für sich, die sie mit ihren Familien statt auf dem Rasthof verbringen können.
Rastplätze
Die Lage auf den Rastplätzen verbessert sich. Die LKW-Fahrer müssen derzeit ihre Pausen auf überfüllten Rastplätzen machen. Sie sind teilweise dazu gezwungen, ungünstige und vor allem gefährliche Pausenplätze einzunehmen, um den Bestimmungen und Vorgaben bezüglich Pausenzeiten gerecht zu werden. Durch das Abschaffen der LKW-Fahrverbote lässt sich vor allem diese Situation deutlich entspannen und bietet einen großen Mehrwert an Sicherheit sowie angemessenen Bedingungen für alle Beteiligten.
Stau-Reduzierung
Durch das Vermeiden von unfreiwilligen Pausen lässt sich auch die Verkehrssituation deutlich entspannen. Die Staugefahr an Tagen nach den Feiertagen und im Allgemeinen ließe sich so deutlich senken. Davon profitieren alle Bürger.
Feiertage, die unter die nicht-bundeseinheitlichen Regelungen fallen, sind:
- Fronleichnam
- Reformationstag
- Allerheiligen
Die Initiative
Zuletzt startete Schleswig-Holstein eine Initiative zur Änderung der bisherigen Regelung. Darin enthalten: eine bundesweite Aufhebung des LKW-Fahrverbots an Fronleichnam, Reformationstag und Allerheiligen, um die Logistik zu entlasten. 2019 hatten bereits die großen Logistikverbände AMÖ, BGL, BIEK, BWVL und DSLV einen ähnlichen Antrag gestellt. Dieser wurde mit der Begründung der kirchlichen Feiertagsruhe abgelehnt. Die Argumentation laut Antrag: Es gibt bereits kirchliche Feiertage, die nicht-bundeseinheitlich sind und an denen es kein LKW-Fahrverbot gibt. Zu diesen Feiertagen zählen:
- Buß- und Bettag
- Mariä Himmelfahrt
Die uneinheitlichen Regelungen verursachen enorme Aufwände und Mehrkosten, unter denen die Unternehmen, wenn nicht die ganze Wirtschaft leidet. Zudem scheint die Rechtswirkung der Ausnahmeregelung strittig zu sein, weswegen wiederum Sondergenehmigungen erteilt werden. Das Ergebnis: enormer bürokratischer Aufwand und wenig Verbesserung für das Sicherheitsproblem auf den Autobahnen. Dabei ist gerade die Sicherheit aller die Grundlage, auf der der Antrag Schleswig-Holsteins basierte. Jedoch hat die Länderkammer entschieden, den Antrag der Bundesregierung nicht zuzuleiten. Damit ist die Initiative vorerst gestoppt.
Das Fazit
Macht die Abschaffung der LKW-Fahrverbote an nicht-bundeseinheitlichen Feiertagen Sinn oder wollen die Unternehmen nur Kosten senken?
Der Hintergrund des Antrags bestand darin, eine einheitliche Regelung zu finden. Eine Abschaffung hätte weitreichende Vorteile, die mit stichhaltigen Argumenten belegt werden können. Diese sind zahlreich und betreffen nicht nur Logistikunternehmen. Vielmehr kommen sie der Sicherheit auf unseren Autobahnen und der aller Verkehrsteilnehmer, vor allem der LKW-Fahrer, zugute. Letztendlich überwiegen die Argumente für die Aufhebung der erwähnten Fahrverbote für jeden und eine erneute Initiative wird sicherlich nicht lange auf sich warten lassen.
Auch hier gilt: Ausnahmen sollten nicht zur Regel werden. Denn nichts hält so lange wie ein permanentes Provisorium.
Über den Gast-Autor:
Andreas Rinnhofer brennt seit 20 Jahren für die Speditionsbranche. Der Digitalisierungsfan betreibt die E-Learning-Plattform Spedifort. Damit hilft er Logistikbetrieben, Schulungen für Mitarbeiter*innen flexibler und kostengünstiger zu gestalten. Besonders freut er sich darüber, dass seine Idee es in eine Sendung von Pro7 Galileo geschafft hat und auch Fachmedien ihm regelmäßig Artikel widmen.
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